Als gemeinsamer Abschlussbericht des RiSKWa-Projekts SchussenAktivplus wurde das Buch „Weitergehende Abwasserreinigung: Ein wirksames und bezahlbares Instrument zur Verminderung von Spurenstoffen und Keimen im Wasserkreislauf“ publiziert. Es enthält auch die Ergebnisse der vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg geförderten Projekte SchussenAktiv und SchussenAktivplus+, die grundlegende und ergänzende Informationen lieferten. SchussenAktivplus untersuchte die Effizienz verschiedener Technologien zur Reduktion von Spurenstoff- und Keimeinträgen über Kläranlagen und Mischwasserentlastungen im Einzugsgebiet der Schussen, dem größten deutschen Zufluss des Bodensees. Als Bewertungsgrundlage dienten Analysen von Spurenstoffen, Indikatorbakterien und (multi)resistenten Keimen sowie von biologischen Wirkungen auf der Basis von laborbasierten Biotests, Biomarkern bei Fischen und Flohkrebsen ebenso wie ökologischen Gewässeruntersuchungen.
Für das untersuchte Gewässereinzugsgebiet wurden zudem Kosten-Nutzenabschätzungen für die weitergehende Abwasserreinigung und Mischwasserentlastung vorgenommen.
Die Projekte zeigten, dass die weitergehende Abwasserreinigung ein wirksames und bezahlbares Instrument darstellt, um Spurenstoff- und Keimeinträge in den Wasserkreislauf zu reduzieren und hierdurch nachhaltig den Gesundheitszustand aquatischer Lebewesen zu verbessern und aquatische Ökosysteme nachhaltig zu schützen.
Die Projektergebnisse sind in den folgenden Kernbotschaften zusammengefasst:
Botschaft 1: Eine vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen und Retentionsbodenfilter bei der Regenwasserbehandlung vermindern Spurenstoffe, Keime und toxische bzw. hormonelle Wirkpotentiale im Abwasser deutlich.
• Spurenstoffe werden stoffspezifisch zwischen 80 und 90 Prozent, Keime um zwei bis drei Zehnerpotenzen von den einzelnen Technologien reduziert.
• Am besten ist die Kombination von Ozon und einer nachgeschalteten Filtration über granulierte Aktivkohle (GAK). Die Anwendung pulverisierter Aktivkohle (PAK) in einer eigenständigen Adsorptionsstufe mit nachfolgender Flockungsfiltration ist ebenfalls sehr gut.
• Die Reinigungsleistung des Retentionsbodenfilters entspricht derjenigen einer biologischen Stufe in kommunalen Kläranlagen.
Botschaft 2: Alle untersuchten Reinigungstechniken haben Vor- und Nachteile. Welche Technologie vor Ort die beste Lösung ist, muss im Einzelfall unter den gegebenen spezifischen Bedingungen abgeklärt werden.
• Kombinationen mit Ozon reduzieren Stoffe wie Carbamazepin und Diclofenac sowie resistente und nicht-resistente Indikatorkeime um mehr als drei Zehnerpotenzen. Für Keime kann dadurch der Badegewässergrenzwert, für Diclofenac die anvisierte UQN unterschritten werden. Bei der Ozonanwendung können Transformationsprodukte gebildet werden, die eine biologisch aktive Nachreinigung erfordern (Filtration, GAK Filtration). Die desinfizierende Wirkung des Ozons ist offenbar bei den resistenten Keimen nicht so effektiv. Ozon empfiehlt sich bei Badegewässern, die durch Kläranlagenabläufe beeinflusst werden.
• Durch Pulveraktivkohle in Kombination mit einem Sandfilter werden Stoffe wie Benzotriazol oder Metoprolol sehr effektiv eliminiert, Enterokokken lassen sich unter den Grenzwert der Badegewässerrichtlinie reduzieren. Beim Einsatz dieser Technologie ist die Verfügbarkeit und die Qualität der Kohle ein Kriterium, das mit zu beachten ist.
Botschaft 3: Die Pulveraktivkohlestufe in der Kläranlage Langwiese bei Ravensburg zeigte bereits nach kurzer Zeit positive Auswirkungen auf das Ökosystem der Schussen.
• Nach einjährigem Betrieb der PAK Stufe ließen sich Verbesserungen im Gesundheitszustand der Gewässerorganismen plausibel mit dem Ausbau der Kläranlage korrelieren.
• Bei Fischen traten weniger Gewebeschäden, weniger gentoxische Effekte und eine geringere Aktivität von Entgiftungsenzymen auf. Zudem erhöhte sich der Schlupferfolg von Forellenlarven. Dagegen sank die Mortalität von Eiern und Larven.
• Bei Flohkrebsen war unterhalb der Kläranlage das Geschlechterverhältnis im Vergleich zu den Vorjahren im Sommer nicht mehr zugunsten der Weibchen verschoben.
• Die biologische Gewässergüte hat sich unterhalb der Kläranlage in der Schussen verbessert und es traten mehr seltene und sensitive Arten auf.
• Um jedoch jahresspezifische Effekte ausschließen und Langzeiteffekte sicher erfassen bzw. absichern zu können, müssen die Untersuchungen noch mindestens für ein bis zwei Jahre weitergeführt werden.
Botschaft 4: Der Aufwand für zusätzliche Reinigungsstufen in Kläranlagen führt zu einer moderaten Belastung des einzelnen Bürgers.
• Je nachdem welches Verfahren oder welche Verfahrenskombination zur Entfernung der Spurenstoffe in der vierten Reinigungsstufe angewendet wird, belastet deren Bau und Betrieb den Bürger zwischen 11 € und 14 € im Jahr oder mit ca. 1 € pro Monat. Bei den Betriebskosten weist Ozon bei den heutigen Energiepreisen Vorteile auf.
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